Viele Fragen und Antworten zum Sterben

Foto von Josh Eckstein auf Unsplash

Über das Sterben spricht man nicht gerne. Gerade deshalb haben viele Menschen Fragen über die letzten 48 Stunden vor dem Tod und es ist viel Fehlinformation im Umlauf.

Der Gedanke an den Tod ist beängstigend und bekümmernd. Deshalb meiden die meisten Menschen Gespräche über die letzten 48 Stunden vor dem Tod. Doch irgendwann stellt sich jedem Menschen die Frage, wie sich das Sterben anfühlen wird oder womit er rechnen und was er tun soll, wenn er einer geliebten Person in ihren letzten Stunden Beistand leistet. Fast jeder hat irgendwann gehört, dass man Sterbende nicht beim Namen rufen oder Tote nicht anfassen sollte. Doch die Informationsquelle ist selten zuverlässig und die Gründe sind unklar. Was also steckt hinter diesen Empfehlungen und inwieweit sollte man sie befolgen?

Warum darf man Sterbende nicht beim Namen rufen? Viele Fragen und Antworten zum Sterben

Woher kommt der Glaube, dass man Sterbende nicht beim Namen rufen soll?

Der Glaube, dass man Sterbende nicht beim Namen rufen soll, ist altes mündlich weitergegebenes Wissen und sein Ursprung in Deutschland ist nicht mehr bekannt. Er existiert jedoch in vielen Kulturen auf der ganzen Welt. Meist ist er mit der Angst begründet, dadurch den Geist des Toten zu beschwören. Den Menschen im Augenblick des Todes beim Namen rufen, könnte ihn demnach am Übertritt in das Paradies oder andere Nachleben hindern und der Geist würde weiter auf der Erde umherirren, den Rufenden heimsuchen oder sogar Besitz von ihm ergreifen.

Doch es gibt auch weniger esoterische Gründe, warum man Sterbende nicht beim Namen rufen sollte. Dazu gehört einerseits die Höflichkeit gegenüber anderen dem Sterbenden nahestehenden Menschen, die den Gedanken an den schmerzhaften Verlust vielleicht noch nicht ertragen können. Vor Ort im Sterbezimmer ist aber auch die Wahrnehmung des Sterbenden selbst in den letzten 48 Stunden vor dem Tod ein wichtiger Grund.

Was nimmt man in den letzten 48 Stunden vor dem Tod noch wahr?

Meist nimmt bereits vor Beginn der letzten 48 Stunden vor dem Tod der Appetit ab. Der Sterbende fühlt kaum oder keinen Hunger und könnte Nahrung nicht mehr verwerten. Näher am Sterben tut ihm auch Trinken nicht mehr gut. Trotzdem kann es sein, dass er durch Austrocknung der Mundschleimhaut starken Durst empfindet. Der Blutdruck sinkt, weshalb die Welt immer entfernter und undeutlicher wahrgenommen wird. Sinneseindrücke werden verzerrt und nach und nach nicht mehr vom Gehirn verarbeitet.

Dabei ist das Gehör der letzte Sinn, der seinen Dienst einstellt. Der Sterbende kann die Menschen um ihn also noch hören, wenn er sie bereits nicht mehr sieht und spürt. Der eigene Name hat einen hohen Erkennungswert, weshalb beim Namen Rufen dazu führen kann, dass er noch einmal aus dem sanften Entschlafen hochschreckt und der Tod unnötig hinausgezögert und erschwert wird. Es ist jedoch unklar, wie gut das sterbende Gehirn das Gehörte noch interpretieren kann. Da Sterbende zudem häufig zwischen Phasen von Schlaf, Wachen und Bewusstlosigkeit wechseln, ist eine Vermischung des Gehörten mit einer Traumrealität möglich. So kann es sein, dass er nicht erkennt, dass es Freunde oder Verwandte sind, die ihn beim Namen rufen, sondern seine Fantasie ihm erschreckende Gestalten vorgaukelt, die ihn rufen und Höllenstrafen androhen. Sterbende nicht beim Namen zu rufen erleichtert also den Übergang in den Tod.

Stirbt das Gehör als letztes?

Akustische Wahrnehmungen sind sie letzten Sinneseindrücke, die ein Sterbender hat. Sie sind aber nur möglich, weil das Gehirn die von den Ohren aufgenommenen Reize noch annimmt und interpretiert. Das letzte Organ, das stirbt, ist daher das Gehirn.

Wie fühlt sich das Sterben an?

Wie genau sich der letzte Atemzug anfühlt, kann niemand mit Sicherheit sagen. Die Vorgänge am Ende des Lebens können sehr unterschiedlich sein. Die meisten Sterbenden fallen jedoch schon zuvor in tiefe Bewusstlosigkeit und entschlafen friedlich. Da neben dem Gehör auch der Tastsinn noch lange aktiv bleibt, können zärtliche Berührungen in der letzten Phase des Todes Beistand und Liebe vermitteln. Um Sterbende nicht beim Namen zu rufen, kann ihnen statt durch Worte durch beruhigende Musik akustische Unterstützung geben.

Warum öffnen Sterbende den Mund?

Lebende Menschen halten ihren Mund durch Anspannung von Muskeln geschlossen. Sonst würde die Schwerkraft den Unterkiefer hinunterziehen und der Mund offenstehen. Die Anspannung wird durch meist unterbewusste Nervensignale gesteuert. Sendet das sterbende Gehirn diese nicht mehr erschlaffen die Muskeln und der Mund öffnet sich. Früher glaubte man, dass dabei die Seele des Sterbenden aus dem Körper entweichen würde.

Der offenstehende Mund ist also kein Zeichen für Schmerzen oder Angst des Sterbenden im Todesmoment. Trotzdem sieht er für die Hinterbliebenen erschreckend und unwürdig aus. Deshalb ist es Brauch, ihn nach dem Tod gemeinsam mit den Augen zu schließen. Dann sieht der Tote aus, als würde er friedlich schlafen. Das vermittelt Verwandten und Freunden Trost, wenn sie bei einer Totenwache oder am offenen Sarg Abschied von dem Verstorbenen nehmen. Auch Kindern ist dieser Anblick zumutbar, wenn sie den Wunsch äußern, die Leiche zu sehen.

Weshalb sollte man Tote nicht beim Namen rufen?

Die Mahnung, Tote nicht beim Namen zu rufen, geht auf den Geisterglauben zurück. Der Hintergedanke ist, dass ein noch auf der Erde wandelnder Geist vom Klang seines Namens angezogen wird. Viele Kulturen glauben nicht an einen sofortigen Übergang des Verstorbenen in das Nachleben, sodass solche Tabus teilweise nur für eine bestimmte Zeit nach dem Tod gelten.

Andererseits geht es darum, die Angehörigen des Toten nicht an ihren Verlust zu erinnern. Dabei ist jedoch Feingefühl gefragt. Manche Menschen möchten nicht über den Toten sprechen und ihre Trauer alleine verarbeiten. Anderen hilft der Austausch positiver Erinnerungen bei der Bewältigung des Verlustes. In jedem Fall sollte man sich an die Regel halten, nicht schlecht über Tote zu reden.

Weshalb darf man Tote nicht berühren?

Die Mahnung, Leichen nicht anzufassen, stammt aus Krimis. Veränderung der Position des Toten kann Tatspuren verfälschen. Selbst wer ein Mordopfer findet, darf es jedoch anfassen, um nach Lebenszeichen zu suchen. Ein Menschenleben zu retten, ist wichtiger als der Erhalt von Spuren.

Teilweise steht auch Angst, dass Leichen giftig oder ansteckend seien, hinter Warnungen, sie nicht zu berühren. Hier besteht normalerweise nur Gefahr, wenn man offene Wunden hat und die Verwesung bereits eingesetzt hat. Allerdings sollte man sich nach der Berührung die Hände waschen, damit die den Toten zersetzenden Mikroorganismen nicht in den Mund geraten.

Ansteckungsgefahr besteht bei Kontakt mit den Körperflüssigkeiten von an Ebola verstorbenen Personen. Bei Pest und Typhus können infizierte Flöhe oder Läuse auf den Berührenden überspringen und die Krankheit durch Bisse übertragen.

Sollte man nahen stehende Personen beim Sterben begleiten?

Viele Menschen wünschen sich in den letzten 48 Stunden vor dem Tod ihre Familie und Freunde um sich zu haben. Dabei haben sie Gelegenheit, noch einmal Abschied zu nehmen. Die Anwesenheit der geliebten Menschen gibt ihnen Trost und Mut. Gleichzeitig haben die Angehörigen die Möglichkeit, sich zu verabschieden, letzte Worte an den Sterbenden zu richten und noch einmal ihre Liebe auszudrücken. Zudem kann einen Menschen friedlich sterben zu sehen eine wertvolle Erfahrung sein die die Angst vor dem eigenen Tod verringert.

Doch manche Sterbenden möchten alleine aus dem Leben scheiden, oder nur bestimmte Personen um sich haben. Das muss man respektieren. Außerdem sollte man sich überlegen, ob man sich beim Miterleben des Todes geduldig und ruhig bleiben kann. Intensive Gefühlsausbrüche eines Begleitenden in den letzten Lebensstunden erschweren dem Sterbenden den Tod, statt ihn zu erleichtern.